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# Das hat er ja noch nie gemacht

Aktualisiert: 23. März

Wenn ich für diesen Satz jedes Mal 1,00€ bekommen hätte, hätte ich ausgesorgt. :D


Wieso verhalten sich also nun Hunde woanders/ in einer Hundepension anders, als bei seinem Besitzer?





Das veränderte Verhalten kann sowohl positiv als auch negativ sein. Ich werde einige Beispiele durchgehen und begründen, wieso das so ist und wieso euch eine Hundepension damit keinen Bären aufbinden möchte.


Beispiel 1: Ein Hund „pinkelt“ im temporären neuen Zuhause alles voll. Zunächst einmal muss gesagt werden, dass es kein Pinkeln ist, sondern in allererster Linie markieren. Und das kann sowohl von Rüden (kastriert und unkastriert) als auch von „Rüdinnen“ ausgehen. Wieso schreibe ich „Rüdin“? Hab halt Geduld und ließ weiter.


Alles riecht fremd. Hunde, die der Meinung sind, ihren Duft versprühen zu müssen, damit auch alle Welt weiß, dass sie da sind, fangen an, alles zu markieren. Egal ob draußen oder im Haus. Da spielt es auch keine Rolle, ob sie Stubenrein sind oder nicht, denn es handelt sich hier ums Markieren und nicht um das Pinkeln. Hier ein Spritzer, da ein Strahl und das Bein wird selbst dann noch gehoben, wenn der Tank leer ist. Zu beobachten ist dieses Verhalten in der Regel von dominanten, selbstbewussten und oder auch sehr sexuell gesteuerten Hunden. Schüchterne Hunde wollen in der Regel nicht, dass alle Welt weiß, dass sie sich gerade in einem fremden Territorium aufhalten und verhalten sich so unauffällig wie möglich. Selbst wenn man das Markieren so schnell wie möglich in den Griff bekommt, geht das Spiel von vorne los, sobald ein neuer Hund in die Gruppe kommt. Dann gibt es aber auch noch die Variante, dass mit Urin oder Kot der Unmut ausgedrückt wird. Einige werden jetzt sicherlich ankommen und schreien: Hunde machen nichts aus Protest! Nennt es, wie ihr wollt. Aber sie tun es eben doch. Vor allem bei kleinen Hunden zu beobachten. Plötzlich gibt es kein Essen mehr vom Tisch aus der goldenen Schale. Es gibt Regeln und es wird nicht im Bett geschlafen, sondern der Hund ist tatsächlich mal ein Hund. Das geht für so ein königliches Wesen, was zuhause sonst alles unter seiner Fuchtel hat, natürlich gar nicht. Damit auch jeder weiß, dass das so nicht geht, wird jede Nacht ein Geschenk auf den Boden gesetzt.


Beispiel 2: Ein Hund bellt zuhause viel und kriegt sich auch nicht mehr ein. Oder aber auch, zuhause bellt der Hund nie ! Wieso ist es also in einer Hundepension anders?


In den meisten Fällen lebt in einem Haushalt nur ein Hund. Aber gehen wir auch mal davon aus, dass selbst zuhause ein Rudel oder eine Gruppe aus Hunden zusammenlebt. Viele wissen gar nicht, wie viel Kontrolle ein Hund über einen Menschen ausübt und entsprechend regelt der Hund (zumindest in seiner Welt) sehr viel. Er muss den Besuch empfangen, er muss Eindringlinge vom Grundstück fernhalten, er muss sich bemerkbar machen, wenn sein Sklave... äh sein Besitzer, ihn streicheln muss. Er gibt lautstark die Zeiten an, wann es Futter geben soll u.v.m. All diese Situationen gehen in einer sich fremden Gruppe aus Hunden unter. Hunde wollen nicht auf Teufel komm raus die Kontrolle haben. In einer Hundepension merken sie sehr schnell, dass sie nicht die Welt regeln müssen. Diese Aufgabe wird ihnen abgenommen. Der neue Hund/ die neuen Hunde werden von dem Besitzer getrennt. Kurz darauf stehen sie vor einer Gruppe von Hunden, die sie nicht kennen. Und OH MEIN GOTT stellt euch vor, er überlebt diese Begegnung mit den fremden Hunden friedlich und ohne das er was regeln muss. Das Kontrollabzeichen schwindet. Im Verlauf des Aufenthalts, merken die Hunde durchaus, dass vielleicht ein anderer Hund souverän und ruhig ggf. die Position des Kontrollettis übernommen hat, weil es durchaus Hunde gibt, die dafür gemacht sind. Hat man so ein "Alpha" Tier nicht in der Gruppe, übernimmt es automatisch der Betreuer, der ebenfalls ohne viele Worte und ruhig alles beim Vorbeigehen regelt. Die Hunde fühlen sich sicher und der Stress in ihnen schwindet. Sie halten es nicht für nötig, alles lautstark zu kommentieren oder zu regeln. Es entwickelt sich eine Eigendynamik, wo sich die Hunde und der Betreuer untereinander, aufeinander verlassen und nur im äußersten Notfall als geschlossene Gruppe gegen ein Feindobjekt agiert wird.. Ein "Nichtbeller" kann aber auch zu einem Beller werden. Dies hat dann aber leider nur etwas mit der Gesamtsituation an sich zu tun. Wenn all Unterstützung und Einführung dem Hund gegenüber nichts bringt, er vielleicht sogar traumatisiert ist durch eventuelle Shelter Aufenthalte in seinem vorherigen Leben im Ausland und sein Stresslevel nicht sinkt, fängt er an zu bellen. So eine Situation sollte dann zum Wohle des Hundes abgebrochen werden. Die Betreuer sehen so etwas bei dem Kennenlerntermin und schlagen dann in der Regel eine oder besser zwei Probeübernachtungen vor, um herauszufinden, ob der Hund in der Lage ist, sich einzugewöhnen. Zum Wohle eures Hundes solltet ihr dem auch nachgehen.


Beispiel 3: Der Hund zerstört Sachen. Das hat er ja noch nie gemacht.


Also wenn er das noch NIE gemacht hat. Dann herzlichen Glückwunsch.

Die Hunde haben in ihrem gewohnten Umfeld in der Regel einen gewissen Tagesablauf. Der eine Hund geht z.B. das erste Mal Gassi um 04:30 Uhr und ist von da an wach. Der Nächste Hund ist es gewohnt, morgens um 07:00 Uhr Aktion mit Familie und Kindern zu haben. Wieder ein anderer geht dem Hundesport nach. All diese Situationen hat er in einer Hundepension nicht und es kann durchaus eine Unterforderung oder Überforderung für den Hund sein, diesen Ablauf von heute auf morgen nicht mehr zu haben. Vor allem Nachts (also bei aller Liebe, aber für mich ist 04:30 Uhr Nachts) und in den frühen Morgenstunden kann sich der ein oder andere Hund dafür entscheiden, sich ein Kissen oder Bett zu schnappen, um sich zu beschäftigen. Denn der Betreuer schläft ja noch. Und ich entschuldige mich an dieser Stelle bei allen Leuten, dass Betreuer tatsächlich auch mal schlafen müssen. Ich weiß. Hundebesitzer schlafen in der Regel nie und die Hunde sind 24/7 zuhause unter Beobachtung ;) Es kann auch sein, und da wären wir wieder bei dem Thema Protest, das der Hund damit sein Unmut zum Ausdruck bringen will. Es kann aber auch genau das Gegenteil passieren. Das ein Hund, der zuhause noch Dinge zerstört, es hier nicht mehr macht. Der Hund ist in einer Hundepension mehr ausgelastet oder aber auch abgelenkt durch die anderen Hunde. Er spielt dann lieber mit anderen Hunden, als sinnlos irgendetwas zu zerbeißen. Wie ihr seht, alles kann immer in zwei Richtungen gehen.


Beispiel 4: Der Hund ist nicht verträglich und pöbelt beim Gassi gehen an der Leine oder beißt nach anderen Hunden in meinem Beisein.


Wenn mir ein Hund so am Telefon beschrieben wird, lade ich ihn in aller Regel zu einem Kennenlerntermin ein. Meine Vermutung wird meistens auch bestätigt. Auf das Thema Kontrolle und oder Unsicherheit des Menschen, will ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen, das würde den Rahmen sprengen. Kurz: Das ist zu 90% ein Hund, der ohne Besitzer super friedlich ist und es schlichtweg am Fehlverhalten des Halters liegt.

Der Hund resettet in der Hundepension komplett auf 0 und hat eine ganz andere Führung und baut ein ganz anderes Vertrauen zu dem Betreuer auf. Denkt jetzt aber nicht, dass der Hund bei euch zuhause dann genauso funktioniert wie bei dem Betreuer. Ihr dürft euch nach wie vor mit dem Thema auseinandersetzen. Denn es liegt meistens an euch und nicht am Hund ;)


Zu all den Themen können wir verstehen, wenn ihr sagt " das hat er ja noch nie gemacht". Und das glauben wir auch. Aber bitte glaub auch uns, das Hunde woanders durchaus anders sind.


Verwechselt eine Hundepension nicht mit einem Trainingslager. Wir wissen viel, vermutlich sogar mehr als Hundetrainer, was Hundegruppen angeht. Aber wir wissen, so wie jeder Mensch, eben auch nicht alles. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, Hunde zu trainieren und zu erziehen. Das dürfen wir auch gar nicht, ohne Hundetrainerschein. Wir sorgen lediglich dafür, dass es über den Aufenthalt hinweg funktioniert.


Bis zum nächsten Mal Leute,

hasta la pasta


Mellie


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